Rollende Schätze auf der Retro Classics

Wenn 1,2 Millionen Euro auf dem Preisschild stehen

2.12.2021, 07:03 Uhr
Wenn 1,2 Millionen Euro auf dem Preisschild stehen

© André Ammer, NNZ

"Wenn Sie mir vor 25 Jahren erzählt hätten, dass ich mal eine Leidenschaft für alte Autos entwickeln würde, hätte ich Sie ausgelacht", sagt der Geschäftsführer des Autohauses Löhlein in Wendelstein (Landkreis Roth), das sich in den vergangenen Jahren zu einer der führenden Adressen in Bayern für Klassiker von Mercedes Benz entwickelt hat. Wer sich in der Fahrzeug-Ausstellung von "Löhlein Classics" umsieht, kann dort unter anderem einen Blick auf den erwähnten 300 SL werfen - sowohl in der legendären Version als Flügeltürer als auch als Roadster. Die Palette reicht von Modellen aus den 1930er Jahren bis zu Youngtimern, die kurz vor der Jahrtausendwende produziert wurden.

Ursprünglich hatten sich Till von der Hellen und sein Team jedoch auf die aktuellen Modelle von Mercedes konzentriert. Die Gründung von "Löhlein Classics" geht zurück auf einen früheren Kundendienstberater, der irgendwann keine rechte Lust mehr auf modernes Blech hatte. Dann solle er sich künftig eben um altes Blech kümmern, entschied sein Chef - "und plötzlich hatte ich diese Klassikabteilung an der Backe", erzählt von der Hellen, der seit 38 Jahren in der Kfz-Branche arbeitet.


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Der 57-jährige Auto-Experte, dessen Schwiegervater 1976 eine freie Werkstatt in Wendelstein eröffnet hatte, entwickelte jedoch ziemlich schnell eine große Liebe zu historischen Fahrzeugen mit ihren alten Formen, Materialien und ihrer so ganz anderen Fahrzeugtechnik, die sie erheblich von der aktuellen Autogeneration mit all ihrer Elektronik und ihren neuen Antriebskonzepten unterscheidet. Das liegt auch an den Oldtimer-Spezialisten, die der fränkische Geschäftsmann nach und nach für "Löhlein Classics" rekrutierte. "Solche Leute müssen Sie lange suchen. Die wollen überhaupt nicht an modernen Autos schrauben, sondern ihre Leidenschaft ausleben", erklärt von der Hellen.

Zum Beispiel drei Mitarbeiter, die seit 2016 in einer speziellen Werkstatt im benachbarten Allersberg für das Wendelsteiner Autohaus schrauben und neben Mercedes-Oldtimern auch britische Klassiker von Jaguar, Rolls Royce und Aston Martin reparieren, warten und restaurieren. "Löhlein Classics" verfügt inzwischen über eine eigene Lackiererei, eine Sattlerei, eine Karosseriebau-Abteilung und fertigt manche Ersatzteile selbst.

Von der Hellens Oldtimer-Begeisterung wuchs auch durch die vielen persönlichen Kontakte zu Fans, die ihre rollenden Schätzchen bei ihm betreuen lassen. Im Laufe der Jahre entstanden oft ziemlich enge Beziehungen zu Kunden, die von den Wendelsteiner und Allersberger Spezialisten zum Teil auch sogenannte Bewegungsfahrten zur Vermeidung von Standschäden durchführen lassen. Da gehört dann ein wenig Fachsimpeln mit den Kunden bei einem Kaffee zum geschäftlichen Alltag.

Aktuell haben die historischen Fahrzeuge von "Löhlein Classics" sogar die "normalen" Autos aus den Ausstellungsräumen des Mercedes-Vertragshändlers verdrängt. Die durch die Pandemie bedingten Lieferengpässe, zum Beispiel bei Halbleitern, haben dafür gesorgt, dass das Autohaus zurzeit gerade mal zwei Neufahrzeuge in seinem Bestand hat. "Und an dieser Situation wird sich so schnell auch nichts ändern", erklärt Till von der Hellen. Wer in diesen Tagen ein neues Auto bestellt, muss sich auf monatelange Wartezeiten einstellen.

Um so mehr freut es ihn, dass die Retro Classics trotz aller Corona-bedingten Widrigkeiten über die Bühne geht. Schließlich lebt gerade die Oldtimer-Branche von persönlichen Kontakten und Netzwerken. "Löhlein Classics" wird mit über 20 Fahrzeugen auf der Retro Classics vertreten sein und unter anderem verschiedene Modelle der G-Klasse von Mercedes präsentieren. Das Design dieses kantigen Geländewagens wurde seit der Markteinführung im Jahr 1979 kaum modifiziert.

"An den Proportionen und Formen hat sich nicht viel verändert. So etwas gibt es sonst nur noch beim Porsche 911", erklärt von der Hellen, der sich bereits aufs kommende Jahr und die nächsten Ausfahrten mit seinen persönlichen Schätzchen freut. "Im Sommer fahre ich nur Oldtimer", betont der Wendelsteiner Auto-Fachmann. Wenn es seine knappe Zeit erlaubt, ist er dann regelmäßig mit seinem Mercedes 280 Coupe 3,5 und seinem 280 SL der zwischen 1963 und 1971 produzierten Baureihe W113 unterwegs, die in Fachkreisen auch unter dem Spitznamen "Pagode" bekannt ist.


Eintritt nur mit zusätzlichem Corona-Test möglich

Viel zusätzliche Organisationsarbeit war in den vergangenen Tagen wegen der verschärften Corona-Auflagen nötig, doch die Macher der Retro Classics Bavaria haben es geschafft. Die Oldtimer-Messe im Nürnberger Messezentrum kann wie geplant vom 3. bis 5. Dezember stattfinden, die Einhaltung von 2G+ ist gewährleistet.


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Gemäß der aktuellen Fassung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung werden derzeit nur Menschen zu einer Messeveranstaltung zugelassen, die vollständig geimpft oder von einer Covid-19-Erkrankung genesen sind und die zusätzlich auch noch aktuell schnellgetestet sind. Deshalb wird das Bayerische Rote Kreuz (BRK) vor dem Eingangsbereich eine Teststation aufbauen, in der sich Besucher und Aussteller einem kostenlosen Antigen-Schnelltest unterziehen können. "Das ist ein Angebot von uns, aber natürlich kann man sich auch einem zertifizierten Test in einem anderen Testzentrum unterziehen und dann am Eingang die Bestätigung vorzeigen", sagt Michelle Meyer von der Pressestelle der Retro Classics.

Die von den Ausrichtern als "Messe für Fahrkultur" bezeichnete Veranstaltung findet zum mittlerweile fünften Mal in Nürnberg statt, wobei nur noch 25 Prozent der maximalen Besuchermenge zugelassen ist. Trotz dieser Einschränkung hielten die Organisatoren an dem Termin fest, um der Oldtimer-Szene nach der Zwangspause im vergangenen Jahr wieder eine Möglichkeit zur Begegnung und zum fachlichen Austausch zu geben.

Auf der Messe finden Sammler, Händler und Fans auf rund 40.000 Quadratmetern ein breit gefächertes Angebot historischer und moderner Fahrzeuge, Dienstleistungen, Ersatzteile und Zubehör. Sonderschauen, etwa zur Motorsportgeschichte von BMW, sowie eine große Fahrzeugverkaufsbörse runden das Angebot ab. Weitere Infos auf www.retro-classics-bavaria.de