Wirbel um Aufsichtsratsmandat

"Einmaliger Vorgang": Nürnbergerin Veronika Grimm soll Rat der Wirtschaftsweisen verlassen

Alexander Jungkunz

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21.2.2024, 07:10 Uhr
Wehrt sich gegen die Kritik: Veronika Grimm.

© Bernd von Jutrczenka, dpa Wehrt sich gegen die Kritik: Veronika Grimm.

Es sei "ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Sachverständigenrats der Bundesregierung", schreibt das renommierte Handelsblatt: Vier der sogenannten fünf Wirtschaftsweisen fordern die Nürnberger Ökonomin Veronika Grimm auf, das Gremium zu verlassen, sofern sie an ihrem Plan festhalte, ein Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy annehmen.

"Mögliche Interessenkonflikte": Grimm will zu Siemens Energy

Das Blatt zitiert aus einer Mail, in der die Ratsvorsitzende Monika Schnitzer sowie die Mitglieder Achim Truger, Ulrike Malmendier und Martin Werding Grimm den Rücktritt nahelegen: "Wir möchten Dich bitten, Dich im Falle einer Wahl in den SEAG-Aufsichtsrat für eines der beiden Mandate zu entscheiden", schreiben die vier Ratsmitglieder und erwähnen "mögliche Interessenkonflikte".

Grimms Antwort liegt dem Handelsblatt ebenfalls vor. Die Professorin wirft die Vorwürfe zurück und schreibt: "Wie Ihr wisst, ist eine Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat in einer deutschen Aktiengesellschaft rechtlich nicht zu beanstanden", so Grimm. In der Vergangenheit hätten Mitglieder des Sachverständigenrats Aufsichtsratsmandate wahrgenommen, was im Rat stets kollegial und gewissenhaft behandelt worden sei und die Arbeit nicht negativ beeinträchtigt habe.

Ex-Chef Rürup verteidigt Veronika Grimm

Rückendeckung bekam die Nürnbergerin vom früheren Vorsitzenden des Sachverständigenrats, Bert Rürup. "Das Verfahren überrascht mich sehr. So eine Vorgehensweise kenne ich aus meiner Zeit als Vorsitzender des Sachverständigenrats nicht", sagte der dem Handelsblatt als Chefökonom verbundene Professor. Auch wenn man sich bei Treffen heftig über den einen oder anderen Punkt gestritten habe, sei man am Ende immer noch gemeinsam zum Abendessen gegangen und habe ein Glas Wein zusammen getrunken. "Einen Brief an einen Kollegen oder eine Kollegin zu schicken und gleichzeitig den Wirtschaftsminister und den Kanzleramtschef in Kopie zu setzen, wäre mir nicht eingefallen", sagte Rürup.

Beobachter vermuten als eigentlichen Grund für den Konflikt eine politische Auseinandersetzung im Gremium, das die Bundesregierung in ökonomischen Fragen berät. Es gebe offenbar ein schon länger andauerndes Zerwürfnis zwischen der Ratsvorsitzenden Schnitzer und Grimm. Auch inhaltlich seien die beiden Ökonominnen bei den Themen Schuldenbremse, Steuererhöhungen oder Subventionen unterschiedlicher Meinung. Schnitzer befürworte meist die Transformationspolitik der SPD und der Grünen, Grimm kritisierte die Ampel zuletzt häufig, auch in Interviews mit unserem Medienhaus.

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