Nürnberger Studie

Fachkräftemangel auf Rekordniveau: Fast jede zweite Stelle bleibt unbesetzt

vnp

Politik und Wirtschaft/Pegnitz

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3.11.2023, 12:18 Uhr
Fachkräfte händeringend gesucht: Betriebe in Deutschland konnten zuletzt zwei Drittel der offenen Stellen nicht besetzen.

© Sven Hoppe, NN Fachkräfte händeringend gesucht: Betriebe in Deutschland konnten zuletzt zwei Drittel der offenen Stellen nicht besetzen.

Rund 45 Prozent der Stellen für Fachkräfte sind bundesweit im ersten Halbjahr 2022 unbesetzt geblieben. Damit habe sich die Quote in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt, analysiert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Daten des aktuellen "Betriebspanels". Insbesondere Kleinstbetriebe waren von der Entwicklung betroffen: Diese konnten sogar 62 Prozent ihrer Fachkraftstellen nicht besetzen. Bei Großbetrieben lag der Anteil dagegen bei 24 Prozent.

Über die Branchen hinweg zeigen sich ebenso deutliche Unterschiede: So konnten im Baugewerbe knapp zwei Drittel der Stellen nicht besetzt werden. Dort sei der Fachkräftebedarf aber auch besonders hoch, heißt es weiter. Zwölf Prozent aller Fachkräfte in Deutschland werden im Baugewerbe nachgefragt. IAB-Forscherin Barbara Schwengler erklärt: „Beim Baugewerbe dürfte der Boom der vergangenen Jahre eine Rolle gespielt haben. Da konnte das Angebot an Fachkräften einfach nicht mit der Nachfrage mithalten.“

Öffentliche Verwaltung steht gut da

Eine hohe Nichtbesetzungsquote zeigt sich außerdem bei den übrigen personennahen Dienstleistungen sowie in der Beherbergung und Gastronomie. Am niedrigsten ist die Nichtbesetzungsquote in der öffentlichen Verwaltung. Hier bleibt jede zehnte Fachkraftstelle unbesetzt. Auch in den Bereichen Erziehung und Unterricht sowie Bergbau, Energie, Wasser und Abfall lagen die Nichtbesetzungsquoten mit rund einem Drittel unterhalb des Durchschnitts.

Insgesamt zeigte sich der Fachkräftebedarf so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. 40 Prozent der Betriebe vermeldeten im ersten Halbjahr 2022 einen Bedarf an Fachkräften. Vor zehn Jahren hatte die Quote noch bei 28 Prozent gelegen. Im Vorjahr war außer im Baugewerbe der Fachkräftebedarf noch besonders hoch in den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht gewesen.

Plädoyer für Weiterbildung

In der Studie wird die Bedeutung der Weiterbildung für Betriebe betont, damit die Fachkräftelücke künftig nicht noch größer wird. IAB-Forscherin Ute Leber unterstreicht: „Die Fachkräfte von heute müssen teils völlig neue Fertigkeiten erlernen, um auch morgen als Fachkräfte eingesetzt zu werden. Die Betriebe sehen angesichts von Digitalisierung und Dekarbonisierung einen erhöhten Weiterbildungsbedarf.“

Laut "Betriebspanel" hat sich der Anteil der Betriebe, die die Weiterbildung ihrer Beschäftigten förderten, wie auch die Weiterbildungsbeteiligung der Beschäftigten zuletzt wieder etwas normalisiert. Dennoch sei das Niveau des Jahres 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie, noch nicht wieder erreicht worden.

Die Studie beruht auf den Daten des IAB-Betriebspanels, einer repräsentativen Befragung, an der jährlich gut 15.000 Betriebe teilnehmen.

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