Europaweit einheitlicher Notruf 112

Notruf 112: Diese Nummer kann auch Ihr Leben retten

Ulla Ellmer

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11.2.2024, 15:51 Uhr
Die Notrufnummer 112 sollte am besten im Handy abgespeichert werden.

© Dekra Die Notrufnummer 112 sollte am besten im Handy abgespeichert werden.

Jeder Verkehrstote ist einer zu viel. Dennoch – oder gerade deshalb – ist es als positive Entwicklung zu vermerken, dass die Zahl der Straßenverkehrsopfer in den letzten Jahren geradezu dramatisch zurückgegangen ist. Vom bisherigen Höchststand des Jahres 1970, als 21.300 Tote zu beklagen waren, sind wir inzwischen weit entfernt: Im Jahr 2022 sind laut Statistischem Bundesamt „nur“ noch 2782 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen.

Dass die Zahl der Opfer sinkt, hat sehr viel mit der 1976 eingeführten Gurtpflicht zu tun und mit anderen, stetig verbesserten Sicherheitssystemen wie Airbags, ABS, ESP oder Notbremsassistenten. Ungemein geholfen hat aber auch die stark verkürzte Rettungskette. Musste im Vor-Handy-Zeitalter erst die nächste Telefonzelle oder zumindest ein Privathaus gesucht werden, um einen Notruf absetzen zu können, ist das dank des Mobiltelefons heute unverzüglich möglich. Allein über das Mobilfunknetz von Vodafone, so teilt es der Betreiber mit, werden täglich mehr als 10.000 Notrufe an die „112“ abgesetzt, bundesweit und über alle Anbieter hinweg seien es im Mobilfunk und Festnetz rund 30 Millionen jährlich. Und Techniken wie e-Call helfen sogar automatisch weiter. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema „Notruf“:

Notruf 112: Wann soll ich ihn wählen?

Die 112 ist die wichtigste Notrufnummer überhaupt, jeder – auch Kinder! – sollte sie kennen. Anzurufen ist die 112 immer dann, wenn schnellstmöglich medizinische Hilfe erforderlich ist, also auch bei Verkehrsunfällen mit Personenschäden. Aber auch die Feuerwehr wird unter der 112 alarmiert. Die Nummer ist gebührenfrei.

112-Anrufe werden laut Vodafone in unter zehn Sekunden an die örtliche Rettungsleitstelle weitergeleitet. Diese Telefonate haben im Netz Vorrang vor allen anderen Anrufen, die gegebenenfalls sogar unterbrochen werden können, damit ausreichend Empfang für den Notruf vorhanden ist. Wenn die 112 gewählt wird, sucht sich das Handy außerdem immer automatisch das stärkste gerade verfügbare Netz. Das Gerät muss mit einer aktivierten SIM-Karte ausgestattet und, natürlich, eingeschaltet sein. Ein Guthaben ist nicht erforderlich.

In Europa und auch darüber hinaus lassen sich unter der 112 Rettungskräfte alarmieren.

In Europa und auch darüber hinaus lassen sich unter der 112 Rettungskräfte alarmieren. © ampnet/Opel

Kommt dann auch die Polizei?

Nicht automatisch. Sie sollte gesondert unter der Notrufnummer 110 angefordert werden. Dazu später mehr.

Welche Informationen sind wichtig?

Der Auto Club Europa (ACE) erinnert an die fünf relevanten W-Fragen:

  • Wo ist der Unfall geschehen?
  • Was genau ist passiert?
  • Wie viele Verletzte und Betroffene gibt es?
  • Welche Verletzungen weisen Betroffene auf beziehungsweise welchen Umfang hat der Unfall?
  • Wer meldet den Unfall?

Im Anschluss sollte man keineswegs unaufgefordert auflegen, sondern unbedingt abwarten, ob die Rettungsleitstelle noch Fragen hat.

Kennt die Leitstelle meinen Standort?

Ja. Das ist eine deutsche Besonderheit und macht die erste der obengenannten W-Fragen eigentlich überflüssig. Dank einer Standort-Technologie namens AML (Advanced Mobile Location), die inzwischen in allen 71.500 Mobilfunk-Standorten und in den rund 320 Rettungsleitstellen installiert ist, wird der genaue Standort des Anrufers automatisch an die Rettungskräfte übermittelt. Zum Thema Datenschutz sagt Vodafone, dass „bereits eine Stunde nach dem Notrufeingang alle Daten wieder gelöscht werden“.

Die Standort-Technologie ist deshalb so wichtig, weil der Anrufende gerade bei Unfällen in abgelegenen Gegenden, in Waldstücken oder bei Dunkelheit oft gar nicht genau weiß, wo er sich befindet. Hinzu kommt, dass der oder die Hilfesuchende sich in einer Ausnahmesituation befindet und möglicherweise sogar verletzt ist. Das macht es schwer, kühlen Kopf zu bewahren.

Kann ich die 112 auch im Ausland wählen?

Ja, deshalb heißt die Nummer auch „Euro-Notruf“. Unter der 112 gibt es in jedem europäischen Staat Hilfe, auch in Nicht-EU-Ländern wie Großbritannien, Liechtenstein und der Schweiz. Ebenfalls dabei sind die Türkei und Algerien. Ausnahmen bilden Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro.

Außerhalb Europas ermöglichen Länder wie Südafrika, Südkorea oder Indien 112-Anrufe, das gleiche gilt für die USA, Australien und Neuseeland, wo die 112 von Mobiltelefonen mit einer europäischen SIM-Karte funktioniert, wie es vonseiten des ACE heißt.

Anruf aus Jux: Ist das wirklich lustig?

Nein, und es ist sogar strafbar. „Wer den Notruf absichtlich missbräuchlich nutzt, muss mit einer Geld- oder sogar Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr rechnen“, warnen Experten der ARAG-Rechtsschutzversicherung.

Und wenn ich die 112 versehentlich angerufen habe?

Dann sollte man keinesfalls einfach auflegen, sondern die Rettungsleitstelle über den Irrtum aufklären. Sonst kann es passieren, dass sie den Standort des Anrufenden ortet und Rettungsfahrzeuge auf den Weg schickt.

Keine Sanktionen drohen auch, wenn sich die Notsituation letztlich als gar nicht so dramatisch herausstellt, wie es der Anrufende zunächst befürchtet hat.

Wie hilft mir eCall?

eCall ist ein automatisches Notrufsystem, das seit April 2018 in allen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen verpflichtend vorgeschrieben ist. Kommt es zu einem schweren Unfall, lösen verschiedene Sensoren – beispielsweise die der Airbags – das eCall-System aus. Es setzt dann über Mobilfunk einen Notruf an die 112 ab. Der Rettungsleitstelle werden dabei relevante Daten wie Standort und Zeitpunkt des Unfalls, die Anzahl der Insassen (sofern sie einen Gurt angelegt hatten), die Antriebsart und die Fahrtrichtung übermittelt.

Gleichzeitig wird eine Sprachverbindung aufgebaut. So können die Insassen weitere Daten durchgeben und sagen, wie es ihnen geht. Sind sie nicht ansprechbar, kommt automatisch ein Krankenwagen.

Autofahrer können aber auch in eine medizinische Notlage geraten, ohne dass ein Unfall vorliegt. In diesem Fall lässt sich eCall via Knopfdruck manuell aktivieren (SOS-Taste).

Ganz wichtig: eCall ist nicht für den bloßen Pannenfall gedacht! Dafür haben moderne Autos oft spezielle Tasten, die mit einem Schraubenschlüssel für den Pannenruf oder einem „i“ für generelle Informationen gekennzeichnet sind.

Aber gibt es nicht auch noch die Notrufsäulen?

Doch. Rund 17.000 der orangefarbenen Fernsprecher sind noch immer entlang der Autobahnen aufgestellt, jeweils im Abstand von zwei Kilometern. Bei einem Notruf werden automatisch der Standort, die Bezeichnung der betreffenden Autobahn (beispielsweise A3), die Fahrtrichtung und die Kilometerangabe übermittelt. Die Notrufsäulen sind deshalb nach wie vor wichtig, weil sie auch dann helfen, wenn das Handy keinen Empfang hat oder der Akku leer ist.

Wie und wann alarmiere ich die Polizei?

Unter der Nummer 110. Im Straßenverkehr ist das beispielsweise dann relevant, wenn es um einen Unfall mit Personenschaden und/oder hohem Sachschaden geht. Der ACE weist darauf hin, dass auch in Fällen, in denen der Unfallverursachende nicht feststeht, für eine polizeiliche Unfallaufnahme und Sicherung der Spurenanlage gesorgt werden sollte. Auch bei Unfällen auf der Autobahn gilt es die Polizei zu informieren.

Ebenso findet man unter der 110 einen Ansprechpartner, wenn man sich bedroht fühlt oder wenn bei einem Unfallbeteiligten eine Straftat wie Alkohol- oder Drogenkonsum zu vermuten steht. Nur bei Bagatellschäden braucht die Polizei nicht gerufen zu werden, wobei sich bei modernen Autos selbst eine zunächst harmlos aussehende Delle später als kostspielige Angelegenheit herausstellen kann. Eine genaue Kostengrenze für Bagatellschäden hat der Gesetzgeber nicht festgelegt, die meisten Versicherer orientieren sich aber an einer Obergrenze von 700 bis 750 Euro für die Reparaturkosten.

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