Diese Schlucht reizte schon Urmenschen

Frankreich mal anders: Aus der Steinzeithöhle auf Paddeltour über die Ardèche

Matthias Niese

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14.5.2023, 18:55 Uhr
Mit dem Boot geht es unterm Pont d'Arc in eine Höhle hinein.

© Matthias Niese Mit dem Boot geht es unterm Pont d'Arc in eine Höhle hinein.

Sie müssen diesen Sprung nicht wagen, um hier voll einzutauchen. Doch es bleibt unvergesslich, im Kajak unter den riesigen Felsbogen Pont d`Arc zu paddeln, an Land und durch eine winzige Höhle zu klettern, um an ihrem Ende gut acht Meter über der südfranzösischen Ardèche in einem engen Loch zu sitzen. Sie lassen dort die Beine baumeln und überlegen: Spring ich oder spring ich nicht?

Nur noch die Füße voran herausstrecken und dann mutig sein - von hier fällt man rund acht Meter in die Ardèche hinab. Unten schauen Paddler gespannt auf die Springenden.

Nur noch die Füße voran herausstrecken und dann mutig sein - von hier fällt man rund acht Meter in die Ardèche hinab. Unten schauen Paddler gespannt auf die Springenden. © Matthias Niese

Manche überwinden sich nicht und krabbeln zurück, doch wer sich – eins, zwei, drei – ins warme Wasser des Flusses fallen lässt, dass es nur so platscht und gurgelt, der hört nach dem Auftauchen den Applaus all der Zuschauer an den Stränden rundherum und in den Kajaks und Kanus auf dem Wasser. Tiefer können Sie - im wahrsten Sinne des Wortes - nicht in die karstige Region eintauchen.

Kinderleicht durch 40 Kilometer Schlucht paddeln

Die meisten erkunden sie wandernd, per Rad oder per Boot - wer hier Urlaub macht, kommt vor allem wegen der einzigartigen Flusslandschaft. Rund um Vallon-Pont-d'Arc zwängt sich die Ardèche in vielen Biegungen durch eine knapp 40 Kilometer lange Schlucht, die Sie kinderleicht auf geführten Touren, aber auch alleine über leichte Stromschnellen durchpaddeln.

Auf dem Platz Rives d'Arc haben sie in den ersten Reihen hochmoderne, schicke Glamping-Mobilheime aufgestellt - mit Klimaanlage, Mikrowelle und großen Holzterrassen. Ein Holzsteg führt auch bei Hochwasser in die schön bepflanzte Anlage hinein. 

Auf dem Platz Rives d'Arc haben sie in den ersten Reihen hochmoderne, schicke Glamping-Mobilheime aufgestellt - mit Klimaanlage, Mikrowelle und großen Holzterrassen. Ein Holzsteg führt auch bei Hochwasser in die schön bepflanzte Anlage hinein.  © Matthias Niese

Sie können überall an Kies- und Sandstränden anlegen, sich sonnen, schwimmen oder in felsigen Becken ins warme Wasser legen. Haben Sie nach einem halben, ganzen oder zwei Tagen Ihr Ziel erreicht, holt Sie der Shuttlebus ihres Bootsverleihers samt Kajak oder Kanu ab und bringt Sie zurück zum Quartier.

Idealer Ausgangspunkt ist der 4-Sterne-Glamping-Platz Rives d'Arc - er liegt südlich des hübschen Touristenstädtchens nur eine Flussbiegung neben dem Pont d'Arc zwischen anderen Campingresorts mit Restaurants, kleinem Laden, Uferstrand und Pools. Neben Stellplätzen für Zelt, Wohnwagen oder Wohnmobil finden Sie hier auch die klassischen Mobilheim-Bungalows aller Kategorien von einfach bis Luxuriös mit Klimaanlage, Mikrowelle und großer Terrasse.

Dieses Motiv in der Höhle von Chauvet ist weltberühmt: Vor 36.000 Jahren hat ein Steinzeitmensch seine Hand mit einer Sprühtechnik verewigt.

Dieses Motiv in der Höhle von Chauvet ist weltberühmt: Vor 36.000 Jahren hat ein Steinzeitmensch seine Hand mit einer Sprühtechnik verewigt. © Grotte Chauvet Mediathek

Die Gegend um die Ardèche, westlich der Rhone zwischen Lyon und Avignon gelegen, ist schon mediterran - hier wachsen Wein, Feigenbäume und Steineichen, über kleine Sträßchen kurven Sie durch weite Lavendelfelder. Hügelig ist es hier, zerklüftet und voller Höhlen. Womit wir wieder beim Sprung in den Fluss wären, den wir ganz in der Nähe einer Weltsensation gewagt haben.

Sensationeller Fund: Chauvet - das älteste Gesamtkunstwerk der Menschheit

Den Pont d'Arc, diese viel fotografierte und von der Ardeche aus dem Fels herausgewaschene natürliche Brücke überschritten vor gut 35.000 Jahren schon Steinzeitmenschen, um an einer Felswand gegenüber in eine Höhle zu klettern, die wir heute als Grotte Chauvet kennen. In der fanden sie die perfekten Bedingungen, um zu kultischen Zwecken die Tierwelt ihrer Zeit zu verewigen. Es war gerade Eiszeit und kalt in Südfrankreich, hier lebten: Nashörner, Panther, Hyänen, Eulen, Auerochsen, Höhlenlöwen und -bären, Rentiere, Riesenhirsche, Mammuts.

Über 500 Malereien und Gravuren hinterließen die Cro-Magnon-Menschen. Keine einfachen Kritzeleien oder Strichzeichnungen, sondern Gemälde von einer künstlerischen Qualität, die uns den Atem stocken lassen, mit Farbe, Kohle und Wischtechnik aufgetragen.

Wir sehen, wie Löwen beim Sturm auf Beute die Zähne fletschen oder sich zwei Bisons beim Liebesspiel umtänzeln. Wir sehen die Hände der Künstler, deren Umrisse sie mit einer Sprühtechnik verewigten. Zum Glück stürzte der Höhleneingang gut zehntausend Jahre später ein, die Kunstwerke blieben bis 1994 verborgen und erhalten.

In der Höhle Aven d'Orgnac zeigen sie den Besuchern anschaulich, wie die ersten Forscher sich von oben herab auf die Schutthalde abseilten.

In der Höhle Aven d'Orgnac zeigen sie den Besuchern anschaulich, wie die ersten Forscher sich von oben herab auf die Schutthalde abseilten. © Matthias Niese

Doch wir bestaunen nicht das Original, sondern Kopien, denn man hat aus den Fehlern der bis dato berühmteren Höhle von Lascaux gelernt. Die war über 20 Jahr für Besuchermassen geöffnet, Pilzbefall und Licht zerstörten viele prähistorische Gemälde. Als Jean-Marie Chauvet die nach ihm benannte Höhle entdeckte, wurde sie sofort verschlossen und nur Forschern und ausgewählten Personen zugänglich.

Damit auch wir heute ergriffen vor dem ältesten Gesamtkunstwerk der Menschheit stehen können, wurde die Höhle etwas verkleinert, aber originalgetreu nur wenige Kilometer entfernt rekonstruiert und alle Malereien und Knochenfunde 1:1 als Grotte Chauvet 2 nachgebildet. Selbst Geruch, Feuchtigkeit und Temperatur entsprechen dem Original - die Besucher wähnen sich im Original und sind berührt. Ihr Besuch ist ein Muss.

Aven d'Orgnac-Höhle: Der Louvre der Unterwelt

Südlich der Schlucht war die Natur der große Künstler. Die Aven d'Orgnac ist eine der größten und beeindruckendsten Tropfsteinhöhlen Europas. Die Bewohner des Dörfchens Barjac warfen in das komische Loch im Erdboden über Jahrtausende verendete Tiere und Abfall, doch erst 1935 seilten sich Mutige hinab und setzten ihren Fuß auf einen riesigen, prähistorischen Müllberg voller Tierknochen inmitten einer gewaltigen Tropfsteinhöhle, die sich mal eng, mal weit zig Kilometer durch den Karst zieht.

Die Dörfer Balazuc und Vogué gehören zu den schönsten Frankreichs.

Die Dörfer Balazuc und Vogué gehören zu den schönsten Frankreichs. © Matthias Niese

Den schönsten, drei Hektar großen Teil mit bis zu 50 Meter langen Stalaktiten und Stalagmiten können wir heute auf einem Treppenpfad in die Tiefe besichtigen. Wir sehen spektakulär illuminierte Wassertropfen, die spritzend auf einem Stalagmiten zerschellen oder die stimmungsvoll mit Klang und Licht inszenierte rote Grotte - der Aven d'Orgnac mit angeschlossenem Museum über die prähistorische Menschheit ist als Grand Site de France eines der meistbesuchten Naturdenkmäler des Landes.

Zeit, aus der Unterwelt aufzusteigen. Besuchen Sie die Winzer der Umgebung und verkosten Sie deren Weine. Und fahren Sie mal ins Thermalbad in Vals les Bains, einem hübschen Kurort in engem Tal, wo warmes Thermalwasser aus dem Boden sprudelt und ein neues, schickes Bad mit Saunen und Hamam Erholung bringt.

Auf dem Rückweg sollten Sie Balazuc und Vogué besuchen, zwei der vielen hübschen Bergdörfer (Villages de charactère) an der Ardèche mit engen Gassen zwischen Steinhäusern - Balazuc zählt zu den schönsten Dörfern Frankreichs.

Tolle Rundwanderung: Mehr Ardèche geht kaum

Nahe des schönen Ortes Labastide de Virac beginnt beim Weiler Les Crottes eine knapp 13 Kilometer lange Rundwanderung, die gleich zu einem bedrückenden Denkmal führt: An einer Mauer erschossen die Nazis 1944 mehrere Bewohner des Dorfes und brannten anschließend ihre Häuser ab. Gedrückt laufen Sie auf schmalem Pfad durch dichten Steineichenwald übers Plateau, bis sich linkerhand ein fantastischer Ausblick auf eine Ardèche-Schleife unter ihnen öffnet.

La Petite Auberge in Labastide de Virac serviert als Vorspeise mit Aufpreis von 5 Euro auch Foie de Gras - Gänseleberpastete. Das Menü kostet dann überschaubare 40 Euro.

La Petite Auberge in Labastide de Virac serviert als Vorspeise mit Aufpreis von 5 Euro auch Foie de Gras - Gänseleberpastete. Das Menü kostet dann überschaubare 40 Euro. © Matthias Niese

Sie steigen später hinab an den Fluss und mäandern mit ihm immer am Ufer entlang über Klippen und Strände und springen mit all den anderen pausierenden Kajakfahrern ins Wasser. Mehr Ardèche geht kaum, Kinder sollten allerdings sieben Jahre und älter sein - manche Stellen sind schwierig zu begehen. Die Tour mit viel mehr Fotos zum Nachwandern finden Sie hier: www.komoot.de/tour/911025481

Zur Belohnung: gut und günstig ein französisches Menü

Belohnen Sie sich nach der Tour mit einer Besichtigung der Burg von Labastide de Virac, eine der schönsten mittelalterlichen Anlagen Frankreichs. Reservieren Sie am besten schon tags zuvor einen Tisch in der hübschen Petite Auberge für den Abend.

Urlaubs-Quiz: Wie gut kennen Sie Frankreich?

Auf der Panoramaterrasse serviert Ihnen die Chefin französische "Cuisine maison" von hervorragender Qualität zu moderaten Preisen: Die Flasche Weißwein "Mon Viognier" für 22 Euro, das Drei-Gänge-Menü für 35, das Kindermenü für 15 Euro. Genuss und tolles Ambiente sind hier ein feiner Abschluss für einen etwas anderen Urlaub.

Mehr Informationen:
Tourismusverband Ardeche
www.ardeche-guide.com
www.urlaub-ardeche.com (auf Deutsch)
Tel: 00 33 / 4 75 / 64 04 66
www.facebook.com/ardechetourisme
www.instagram.com/ardechetourisme
Der Pass d'Ardeche ermöglicht Ihnen kostenlosen bis günstigen Eintritt in 39 touristische Attraktionen.
Unterkunft:
Camping Rives d'Arc 4* im Herzen der Ardèche am Ufer des Flusses und nur ein bis zwei Kilometer vom Dorf Vallon-Pont-d’Arc und vom berühmten Felsenbogen entfernt.
www.rivesdarc.com/de
Tel.: 00 33 / 4 75 / 88 00 48

Kajak- und Kanutouren:
Von halbtags 8 Kilometer über 13 bis 37 Kilometer über Nacht im Biwak direkt ab Campingplatz Rives d`Arc bei www.acqua-bateaux.com
Restauranttipps:
Möchten Sie günstig typische Produkte der Region in einem Bistrot essen, finden Sie hier zwölf der besten Bistrots de Pays an der Ardèche.
Anreise:
Ab Nürnberg gut 1000 Kilometer in elf Stunden.
Beste Reisezeit:
April bis Ende September.

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