Die malerische Maxbrücke

Die erste massive Flussquerung Nürnbergs: Zwei Baumeister konstruierten die "Steinerne Brücke"

19.12.2023, 15:00 Uhr
Die Maxbrücke im Winter 2023: Neben den nun vollendeten Wiederaufbauten bereichert das moderne Kreuzgassenviertel rechts das Ensemble um Architektur aus jüngster Vergangenheit.

© Sebastian Gulden, NNZ Die Maxbrücke im Winter 2023: Neben den nun vollendeten Wiederaufbauten bereichert das moderne Kreuzgassenviertel rechts das Ensemble um Architektur aus jüngster Vergangenheit.

Heutzutage kennen die meisten Einheimischen sie unter dem Namen „Maxbrücke“. Ihr Neubau des 19. Jahrhunderts im Stile der Neugotik erinnert noch heute an Nürnbergs erste massive Flussquerung.

Bogenbrücken sind eine Kunst für sich

Als 1457 der Brückenschlag über die Pegnitz zwischen Weinstadel und Unschlittplatz vollendet wurde, waren massive Flussquerungen nichts Neues, aber auch nichts Gewöhnliches in einer Zeit, da in aller Regel Konstrukte aus Holz unsere Fließgewässer überspannten. Die Konstruktion von Bogenbrücken war (und ist) eine Kunst für sich, die die Reichsstadt in diesem Falle dem Rothenburger Baumeister Jakob Grimm übertrug. Der war weiland mit dem Abschluss des prunkvollen Hallenchores von St. Lorenz beschäftigt.

Doch auch die stabilste Brücke geht irgendwann in die Knie, vor allem dann, wenn die Verkehrslast überproportional zunimmt.

Macken kosteten ihn die Hälfte des Lohns

Nachdem der Bau schon ein Jahr nach seiner Vollendung erste Macken gezeigt und dies Meister Grimm die Hälfte seines Lohns gekostet hatte, musste die Stadt Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts massive, durch Fuhrwerke verursachte Schäden ausbessern und die Durchfahrt schließlich vollends sperren lassen.

Den Garaus machte Nürnbergs ältester komplett aus Stein erbauter Brücke aber das Hochwasser vom 15. Januar 1849. Da halfen auch die „drey vollige statschuh mer“ (gut 91 Zentimeter) an Bogenhöhe nicht, die die Reichsstadt weiland wegen eben dieser Gefahr von Grimm gefordert hatte.

Ein neuer Meister übernimmt das Ruder

So musste anno 1850 ein neuer Meister seine Fähigkeiten als Konstrukteur beweisen: Bernhard Solger orientierte sich bei seinem Neubau eng an Grimms Werk. Nicht nur erhielt auch die neue Brücke vier polygonale Fußgängerkanzeln und drei flache Rundbögen (deren Scheitel als Lehre aus dem jüngsten Hochwasserschaden nochmals etwas höher gelegt wurden); stilistisch eiferte der Stadtbaurat ebenfalls dem Zeitstil seines Berufskollegen nach.

Eine besonders reizende Aussicht auf die Brücke bietet sich vom Nägeleinsplatz, wo sie in trauter Gemeinschaft mit den historischen Häusern am Unschlittplatz zu sehen ist.

Eine besonders reizende Aussicht auf die Brücke bietet sich vom Nägeleinsplatz, wo sie in trauter Gemeinschaft mit den historischen Häusern am Unschlittplatz zu sehen ist. © Boris Leuthold, NNZ

Mit der neugotischen Gliederung der Sandsteinbrüstungen und den Gittereinsätzen aus Gusseisen, die je zwei Vierpässe zeigen, traf er punktgenau den Geschmack einer Epoche, in der die Baukunst „der Alten“ gerade in Nürnberg fröhliche Urständ feierte. Der Gefahr von Schäden durch Eisgang, der in der Noris bis dahin immer wieder Brücken förmlich weggeschoben hatte, begegnete man mit mächtigen gemauerten Eisböcken an den Flusspfeilern.

Widerborstige Nürnberger

Ihren alten Namen aber durfte die Flussquerung nicht behalten: Als die Brücke am 28. November 1852 feierlich dem Verkehr übergeben werden konnte, taufte man sie auf den Namen des bayerischen Königs Max II. Joseph, der an jenem Tag seinen 41. Geburtstag feierte. Die widerborstigen Nürnberger kümmerte das wenig, sodass die Bezeichnung „Steinerne Brücke“ bis ins 20. Jahrhundert im Volksmund verbreitet blieb.

Entlarvende Leere

Wer unsere historische Winteransichtskarte mit dem Blick vom Kettensteg auf die Maxbrücke sieht, könnte ob der malerischen Stadtlandschaft annehmen, es handle sich um eine Vorkriegsaufnahme. Die abgeräumte Fläche vorne links am Nägeleinsplatz und der fehlende Henkerturm – er war am 2. Januar 1945 total zerstört worden – entlarven die Aufnahme jedoch als ein Bilddokument der frühen 1950er Jahre.

An einem sonnigen Wintertag zwischen 1950 und 1954 entstand dieser Ausblick vom Kettensteg auf die Maxbrücke, der die verheerenden Kriegsschäden in der Altstadt nahezu auszublenden vermag.  Ansichtskarte: unbekannt (Sammlung Sebastian Gulden)

An einem sonnigen Wintertag zwischen 1950 und 1954 entstand dieser Ausblick vom Kettensteg auf die Maxbrücke, der die verheerenden Kriegsschäden in der Altstadt nahezu auszublenden vermag. Ansichtskarte: unbekannt (Sammlung Sebastian Gulden) © unbekannt (Sammlung Sebastian Gulden), NNZ

Auch die Maxbrücke war – unsere Karte zeigt die Instandsetzungsarbeiten – im Krieg beschädigt worden. Wie die anderen Altstadtbrücken war sie aber der völligen Vernichtung durch Bomben und Sprengung entgangen.

Mit den Bildern der winterlichen Maxbrücke wünschen Boris Leuthold, Sebastian Gulden und Stefan Schwach vom Projekt „Nürnberg – Stadtbild im Wandel“ ihren Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest. Und rutschen Sie gut ins Neue Jahr – auch 2024 haben wir viele spannende Geschichten zu Nürnberg, seinen Bauten, Straßen und Plätzen für Sie im Köcher!

Diese Serie lädt zum Mitmachen ein. Haben Sie noch historische Fotografien oder Darstellungen eines Schauplatzes in Nürnberg? Dann schicken Sie uns diese bitte zu. Wir machen ein aktuelles Foto und erzählen die Geschichte dazu. Per Post: NN/NZ, Lokalredaktion, Marienstraße 9, 90402 Nürnberg; per E-Mail an lokales@vnp.de.

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