Zweistaatenlösung im Nahen Osten?

Anerkennung Palästinas ist weder ein historischer Schritt noch eine Belohnung der Hamas-Terroristen

Michael Husarek

Chefredakteur Nürnberger Nachrichten

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23.5.2024, 11:08 Uhr
Protest für Palästina: Demonstrierende sind durch eine palästinensische Flagge zu erkennen.

© Ashraf Amra/dpa Protest für Palästina: Demonstrierende sind durch eine palästinensische Flagge zu erkennen.

Norwegen, Irland, Spanien - auf den ersten Blick verbindet diese drei europäischen Staaten wenig, bei genauerem Hinsehen ist es hingegen wenig überraschend, dass dieses Trio Impulse in Richtung Nahost sendet. Denn, anders als in Deutschland, das sich als enger Freund Israels definiert, herrscht andernorts ein eher palästinenserfreundliches Klima vor.

Global betrachtet gilt diese Aussage für die Mehrheit der Staaten, die sich unter dem Dach der Vereinten Nationen versammelt haben. Bald werden es wohl mehr als 150 der insgesamt 193 Mitglieder der UN sein, die für eine Zweistaatenlösung plädieren. Denn in Europa stehen weitere Länder vor der Entscheidung, den Palästinensern einen eigenen Staat zusprechen zu wollen.

Soweit die Fakten, alles andere ist Interpretation: Weder die israelische Reaktion ("Belohnung für den Hamas-Terror") noch die palästinensische ("historischer Schritt") sollten auf die Goldwaage gelegt werden. Klar ist vor allem eines: Die politischen Folgen dessen, was Norwegen, Irland und Spanien getan haben, tendieren gegen Null.

Allenfalls wird der Druck auf alle Parteien des Nahostkonflikts erhöht, endlich eine tragfähige Lösung zu finden. Und da ist die Zweitstaatenlösung zumindest eine - derzeit naiv wirkende - Option. Nüchtern betrachtet gibt es wenig andere Möglichkeiten.

Israel und Palästina: Verfahrene Lage

Denn die Lage ist verfahren: Rund 15 Millionen Menschen leben in dem Gebiet, das sich vom Mittelmeer bis zum Fluss Jordan erstreckt, grob die Hälfte davon ist jüdisch, die andere palästinensisch. Keiner der beiden Gruppen wird es jemals gelingen, die andere vollständig zu vertreiben, nur ein Teil, der jüdische, hat einen eigenen Staat. Dieses Szenario ist ein Eintrittsticket für terroristisch und militärisch motivierte Störmanöver.

Unabhängig von Schuldzuweisungen gibt es im Moment nur eine Gewissheit: Diese Region kommt unter diesen Voraussetzungen wohl niemals zur Ruhe. Auch eine Zweistaatenlösung wäre kein Garant für dauerhaften Frieden, würde aber womöglich die Wahrscheinlichkeit blutiger Konflikte, die Menschenleben kosten, reduzieren.

Anerkennung Palästinas nur mit Verhandlungen?

Zu den vielen Konjunktiven kommt noch einer hinzu: Eine Anerkennung Palästinas als eigenständiger Staat wäre nur am Verhandlungstisch zu erreichen. Israel blockiert solche Gespräche, zumal damit auch hochemotionale Fragen wie die der Grenzziehung verbunden sind, vom Status Jerusalems ganz zu schweigen. Deutschland und die USA, Israels engste Verbündete machen es sich insofern leicht, als beide Länder argumentieren: Keine Lösung oder gar Anerkennung Palästinas ohne Verhandlungen.

Spätestens hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Welt ist also weit entfernt von einer wirklichen Lösung des Nahostkonflikts. Daran ändert auch der symbolische Schritt dreier europäischer Staaten nichts.

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