Gastbeitrag des Club-Vorstandsmitglieds

Niels Rossow: Der 1. FCN kann beim Thema Demokratie nicht stumm bleiben

28.3.2024, 11:17 Uhr
"Sport funktioniert nicht ohne Respekt, genau wie Demokratie": Niels Rossow, Vorstand Finanzen und Verwaltung 1. FC Nürnberg

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, NNZ "Sport funktioniert nicht ohne Respekt, genau wie Demokratie": Niels Rossow, Vorstand Finanzen und Verwaltung 1. FC Nürnberg

In der Nacht des 6. August 1932 verlässt der jüdische Club-Trainer Jenö Konrad zum Schutz seiner Familie Nürnberg und seine Club-Mannschaft. Vorausgegangen war eine menschenverachtende Diffamierung durch Julius Streichers Hetzblatt „Der Stürmer“. Am 30. April 1933 schließt der 1. FC Nürnberg in vorauseilendem Gehorsam und aus rassenideologischen Gründen 142 jüdische Mitglieder aus.

Beide Momente sind für mich absolute Tiefpunkte, die dem Club, aber viel mehr noch den betroffenen Menschen, geschadet haben. Vereine und ihre Mitglieder gilt es zu schützen. Das haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes erkannt. Artikel 9 sichert die Vereinigungsfreiheit aller Deutschen.

Sport funktioniert nicht ohne Regeln

Der Grund ist einfach: Vereine, und damit auch der 1. FC Nürnberg, sind eine der Keimzellen der Demokratie: Menschlichkeit, Teilhabe, Identität, Gemeinsamkeit, Respekt und solidarisches Miteinander. Wenn alle diese Werte leben, dann ist ein Verein eine demokratische Institution. Beim FCN wirken viele mit. Sport funktioniert nicht ohne Regeln, Sport funktioniert nicht ohne Respekt. Genau wie Demokratie.

In unserer Satzung ist geregelt, dass der Club dafür eintritt, „allen Menschen Respekt und Anerkennung entgegenzubringen“. Diese Grundvoraussetzung für eine demokratische Ordnung sahen wir in der letzten Zeit auch in unserer Stadt gefährdet, deshalb standen wir auf.

Wir diskutieren viel mit Fans und Mitgliedern

Aber wir bleiben immer im Austausch. Wir diskutieren viel mit Fans und Mitgliedern. „Ihr müsst euch parteipolitisch neutral verhalten!“, heißt es oft. Stimmt. Politisch neutral zu sein, heißt aber nicht, bei gesellschaftlich relevanten Themen stumm zu bleiben. Die zunehmenden rechtsextremen Tendenzen bedrohen unsere demokratische Grundordnung und damit auch die Basis jeder Vereinsarbeit. Dagegen lehnen wir uns auf.

„Konzentriert euch lieber auf den Fußball!“, ist ein anderer Vorwurf, den ich ebenso oft lese. Gerade weil wir ein Fußballverein sind, obliegt uns eine besondere Verantwortung. Wir erreichen über unsere Kanäle über eine halbe Million Menschen pro Tag, zu unseren Heimspielen kommen im Durchschnitt 30.000 Fans. Diese integrative Kraft des Fußballs müssen wir nutzen, um für unsere Werte einzutreten, Haltung zu zeigen und möglichst viele dabei mitzunehmen. Dies schaffen wir nur gemeinsam. In einem Team, in einem gesellschaftlichen Netzwerk.

Deshalb sind wir seit 2014 Mitglied in der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg und mit Katharina Fritsch im Vorstand vertreten. Deshalb veranstalten wir zum nun sechsten Mal den „Jenö Konrad-Cup – Fußball trifft auf Geschichte“, unser Schulprojekt gegen Antisemitismus zusammen mit dem TSV Maccabi Nürnberg. Deshalb greifen wir mit Partnern gesellschaftlich relevante Themen auf und engagieren uns.

Ich möchte, dass meine Kinder in Freiheit aufwachsen, wie es sie nur in einer Demokratie gibt. Demokratie aber ist keine Einbahnstraße und auch keine Selbstverständlichkeit. Dafür hat jede und jeder einen Beitrag zu leisten. Auch und gerade als Fußballverein müssen wir hier vorangehen und Antworten liefern. Immer und immer wieder.

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