Mehr Barrierefreiheit

Pilotprojekt in Mittelfranken: So können Menschen mit Sehbehinderung ohne Hilfe wählen

25.9.2023, 15:15 Uhr
Bei der bayerischen Landtagswahl 2023 soll die Wahlschablone erstmals zum Einsatz kommen – jedoch nur in Mittelfranken. 

© Daniel Karmann, dpa Bei der bayerischen Landtagswahl 2023 soll die Wahlschablone erstmals zum Einsatz kommen – jedoch nur in Mittelfranken. 

Bei der Landtagswahl soll erstmals eine Wahlschablone für blinde und sehbehinderte Menschen zum Einsatz kommen - jedoch nur in Mittelfranken. "Wir wollen zeigen, was möglich ist und daraus für künftige Wahlen lernen", sagt Robert Müller, der beim "Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund" (BBSD) für das Pilotprojekt zuständig ist.

In allen anderen sechs Bezirken werden Blinde und Sehbehinderte weiterhin die Unterstützung anderer brauchen, um abstimmen zu können. Auch für Menschen mit anderen Behinderungen ist die Landtagswahl dem Sozialverband "Vdk" zufolge nur bedingt barrierefrei.

Wahlschablonen gibt es für die Bundestagswahlen schon länger. Auch in anderen Bundesländern seien diese bei den Landtagswahlen Standard, erläutert Müller. In Bayern sei das wegen des komplizierten Wahlsystems bisher nicht möglich gewesen.

Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums sind es bei den gleichzeitig stattfindenden Landtags- und Bezirkswahlen am 8. Oktober vier Stimmzettel. Bei 91 Stimmkreisen komme man so auf 364 unterschiedliche Stimmzettel mit unterschiedlicher Größe, hieß es aus dem Ministerium. Die Zahl der Kandidatinnen und Kandidaten variiere zwischen 61 pro Partei in Oberbayern bis 16 in Oberfranken und in der Oberpfalz.

Der BBSD habe Mittelfranken als Pilotregion ausgewählt, weil der Stimmzettel beim Umfang im Mittelfeld liege und dort besonders viele blinde und sehbehinderte Menschen lebten, sagt Müller. Sechs von ihnen konnten die Wahlschablone bereits in einem Workshop bei der Nürnberger BBSD-Beratungsstelle testen.

Um damit bei der Wahl zurechtzukommen, müsse man sich vorbereiten, erläutert Bezirksgruppenleiter Frank Nohr. "Man muss sich informieren, wer auf welchem Listenplatz steht." Dennoch sei es ein Fortschritt. "Es ist eine Möglichkeit, dass blinde und stark sehbehinderte Menschen selbstständig wählen können."

Genaue Zahlen, wie viele wahlberechtigte Menschen mit Behinderung es in Bayern gibt, liegen dem Sozialverband VdK nicht vor. Seinen Angaben nach haben fast 1,2 Millionen Menschen über 18 Jahren im Freistaat eine Schwerbehinderung. Der Großteil von ihnen dürfte wahlberechtigt sein, sagt VdK-Experte Jan Gerspach.

Trotzdem finden diese seiner Ansicht nach bei den Wahlen noch zu wenig Berücksichtigung. Zu den Wahlzetteln, die blinde Menschen außerhalb von Mittelfranken nicht alleine ausfüllen könnten, kommen bauliche Barrieren in den Wahllokalen, erläutert Gerspach. Das führe dazu, dass diese auf die Briefwahl angewiesen seien. "Diesen Menschen müssten aber die gleichen Rechte eingeräumt werden, frei zu entscheiden, ob sie vor Ort oder per Briefwahl wählen wollen."

Verbessert habe sich dagegen, dass auf den Wahlbenachrichtigungen stehe, wie barrierefrei ein Wahllokal sei und dass es Informationen zum Beispiel in leichter Sprache gebe, sagt Gerspach.

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