Roman Kechter im Portrait

Eishockey-WM in Deutschland: Ein Kapitän aus Nürnberg

27.4.2022, 18:00 Uhr
Ab August wieder im richtigen Trikot: Roman Kechter.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa Ab August wieder im richtigen Trikot: Roman Kechter.

Er war gerade noch 16 Jahre alt, als er im Fond des schwarzen Dienstwagens Platz nahm. Alt genug, um in der Deutschen Eishockey Liga mitspielen zu dürfen, mit gestandenen Männern, wie jenen beiden, die an diesem Sonntag im Januar vorne saßen. Zu jung aber, um die Nervosität vor seinem ersten DEL-Spiel zu verbergen. Roman Kechter versuchte das auch gar nicht erst, stattdessen fragte er Patrick Reimer und Oliver Mebus, ob es eigentlich normal sei, derart nervös zu sein.

Der Kapitän der Ice Tigers hat das verraten – nach jenem 4:3 gegen Straubing, das so außergewöhnlich war, nicht nur, weil die Ice Tigers im Januar 2021 Eishockeyspiele eher selten gewonnen hatten. Dieser Sonntag war für die Nürnberger Eishockeygeschichte bedeutend, weil da wieder einmal ein Nürnberger in der höchsten Spielklasse debütierte, noch dazu einer, von dem man sich immer mal wieder erzählt hatte, dass es einen talentierteren bis dahin kaum gegeben hat.

Seitdem ist viel passiert: Weitere 20 DEL-Spiele mit den Ice Tigers zum Beispiel, sowohl als Stürmer als auch als Verteidiger. Ein Tor ist ihm dabei nicht gelungen, aber er war so oft so nah dran, dass es keinen Zweifel daran gab, dass er in dieser Liga auch als 16-Jähriger mitspielen kann. Auch deshalb hätten sie ihn in Nürnberg gerne behalten. Kechter aber ist zurück nach Schweden gewechselt, zum Rögle Bandyklubb nach Angelholm, weil von dort aus viele europäische Talente in die National Hockey League nach Nordamerika geschickt wurden, zuletzt auch der Verteidiger Moritz Seider. Passiert ist Kechter aber auch eine Verletzung, über die er eigentlich nicht reden will und auch nicht darüber, dass die Saison gerade doch noch glücklich zu Ende zu gehen scheint.

Tränen beim ersten Versuch

Es regnet in Landshut, als er sich an diesem Dienstagvormittag meldet, und es ist seltsam schwül in Niederbayern, zumindest rund um die Eishalle. Am Abend wird er die U18-Nationalmannschaft aufs Eis führen. Deutschland wird verlieren, 2:10, was auch in dieser Höhe zu erwarten. Die USA hatte bei diesem Turnier selbst Kanada vorgeführt. Kechter aber sagt, dass sie gewinnen wollen.

Kechter spricht da als Kapitän des Teams, er spricht von der Ehre, das deutsche Trikot tragen zu dürfen, in der vollen Eishalle von Landshut vor 3000 Zuschauern, die diese jungen Männer anfeuern – egal, wie groß der Rückstand auch war. Kechter hatte in den ersten beiden Spielen getroffen, aber davon spricht er nicht und nicht davon, dass diese Talentschau gerade für ihn besonders wichtig werden könnte.

Stattdessen erzählt er von seinem Vater, seinem „role model“, seinem „Vorbild“, der ihn einst mit zum Eishockey genommen hatte, und den er irgendwann so sehr „vollgeredet“ hatte, dass er es selbst ausprobieren durfte. Beim ersten Versuch war er fünf Jahre alt, „das lief nicht so gut“. Der Versuch endete mit Tränen. Ein Jahr später aber war Roman Kechter so weit und kurz darauf auch bereit für eine Ansprache. Sein Vater sagte ihm, dass es wichtig sei, Ambitionen zu haben, sich „große Ziele zu setzen“, andernfalls könne er auch gleich aufhören.

Keine Gedanken an den Draft?

Kechter hat nicht aufgehört – auch nicht damit, sich große Ziele zu setzen. Warum sollte er auch nicht irgendwann in der Schweiz spielen, in Finnland oder wieder in Schweden, dann aber als Profi. Und natürlich erwähnt er auch Nordamerika, wenngleich etwas leiser. Das Turnier zeigt bislang, dass Eishockey-Deutschland trotz Weltklasse-Spielern wie Draisaitl, Stützle und Seider gerade im Nachwuchs noch weit entfernt ist von den Weltklasse-Nationen. Es zeigt aber auch, dass Kechter mithalten kann mit den Superstars der Zukunft.

Der Kanadier Connor Bedard, der Amerikaner Logan Cooley, der Tscheche Jiri Kulich, sie alle werden beim NHL-Draft ganz vorne aufgerufen werden. Kechter galt früh schon als Kandidat für das Auswahlverfahren, in dem sich die NHL-Klubs die Rechte an den größten Talenten sichern. Nach der Verletzung in Schweden aber muss er wieder auf sich aufmerksam machen. In Landshut und vor dem Viertelfinale gegen Schweden am Donnerstag (18.30 Uhr/SpradeTV) will er darüber aber nicht nachdenken: „Dann schlafe ich besser. Ich mag es nicht, mich selbst unter Druck zu setzen. Ich spiele dann auch schlechter.“ Kontakte zu den Spähern der NHL gab es in Schweden. Meist erledigt das aber sein Berater. Was er machen wird am 7./8. Juli, wenn in Montreal das Draft-Spektakel steigt? „Mich auf die neue Saison vorbereiten.“

Dann wieder mit den Ice Tigers, in Nürnberg. Inwiefern er sich seit diesem ersten Spiel verändert hat, soll er noch sagen. Es ist eine fiese Frage, für einen 18-Jährigen, der von seinen Kollegen als außergewöhnlich höflich und lernwillig beschrieben wurde. Er überlegt lange, dann sagt er: „Ich bin ruhiger geworden.“

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