Parteien suchen zu selten Lösungen

Kriminalstatistik: Wir haben ein Problem mit jugendlichen und nichtdeutschen Gewalttätern

Harald Baumer

Korrespondent Berlin

E-Mail zur Autorenseite

9.4.2024, 13:49 Uhr
Innenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung der Kriminalstatistik.

© Britta Pedersen/dpa Innenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung der Kriminalstatistik.

Die Vorstellung der jährlichen Kriminalstatistik ist ein Höhepunkt des parteipolitischen Aktivismus. Jedes Lager sucht sich exakt die Punkte heraus, die in seine Denkart passen. Dieses Theater fängt meist schon Tage vor der tatsächlichen Veröffentlichung der Zahlen an.

So überrascht es kaum, dass die AfD fast nur über die gestiegene Ausländerkriminalität sprechen will. Die Grünen weisen im Gegenzug darauf hin, dass man Krimininalität am besten bekämpfe, wenn Präventivarbeit bei den besonders betroffenen sozio-ökonomisch schwachen Gruppen leiste und das seien nun mal häufig Migranten. Klingt so, als ob es sich ausschließlich um eine Frage der Sozialarbeit handele.

Wahrheit liegt zwischen den lauten Tönen

Und die Wahrheit? Sie liegt irgendwo zwischen all dem, mit dem uns die Partei-Lautsprecher zudröhnen. Leider gibt es nämlich die ganz einfachen Erklärmuster nicht. Kriminalität ist ein hochkomplexes gesellschaftliches Phänomen, von dem die Polizeistatistik auch nur einen Teil erfasst. Mindestens genauso wichtig ist die Justizstatistik, die auf die abgeschlossenen Verfahren eingeht.

Was kann man also aus den Zahlen lernen, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Berlin vorgestellt hat? Erstens: Deutschland hat ein ernsthaftes Problem mit der Jugendkriminalität und mit Gewaltdelikten. Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist unverhältnismäßig hoch. Das muss man deutlich ansprechen, ohne in dumpfen "Ausländer-raus"-Rechtspopulismus zu verfallen. Zur Ehrlichkeit gehört zum Beispiel auch: Junge Männer sind in so gut wie allen Kulturkreisen kriminell auffällig und nicht nur unter Zuwanderern.

Zweitens: Anhaltend hohe Migrantenzahlen erschweren eine gute Integration. Deswegen sollte man auf die verzweifelten Bürgermeisterinnen und Landräte so gut wie aller Parteien hören, die darauf hinweisen, dass ihre Kindergärten, Schulen, Sprachlehrer, Sozialpädagoginnen und Wohnungsmärkte überfordert sind. Zuwanderung muss besser gesteuert werden, soweit das mit dem Asylrecht als hohem Verfassungsgut zu vereinbaren ist.

Rasch und gezielt verfolgen

Drittens: Trotz der knappen Ressourcen müssen die Mittel für Vorbeugung erhöht werden. Ein vergleichsweise kleiner Anteil der Jugendlichen sorgt für viele und besonders schwere Straftaten. Wird diese Gruppe frühzeitig ins Visier genommen, kann Kriminalität drastisch reduziert werden. Dazu gehört natürlich auch, dass es Polizei und Gerichten ermöglicht wird, diejenigen rasch und gezielt zu verfolgen, die trotzdem straffällig werden.

Nur dann, wenn das Problem an allen Ecken und Enden angegangen wird und das auch noch möglichst gleichzeitig, kann sich langfristig etwas bessern. Diejenigen, die Kriminalität eindimensional betrachten, wollen in Wahrheit gar nichts ändern, sondern nur mit ihrer "reinen Lehre" auf Wählerfang gehen.

Keine Kommentare